Trust Issues – wieso wir lieber Mama anrufen

Stell dir mal kurz vor…

…du bist entspannt auf dem Weg zur Arbeit. Fenster runter, Lieblingssong auf Anschlag – du fühlst dich wie der Hauptdarsteller in deinem eigenen Musikvideo.
Und dann – wie aus dem Nichts – Sirenen. Schön laut, schön dramatisch, als wärst du der meistgesuchte Verbrecher des Landes, weil du etwas zu schnell warst.

Fahren Sie bitte rechts ran. Motor aus. Schlüssel aufs Armaturenbrett.”
Klingt erstmal wie ein langweiliges Tutorial-Video für Anfänger. Alles easy.

Und dann – zack – entwickelt sich die Polizeikontrolle plötzlich in Richtung Oscar-reife Telenovela:
Du schwitzt wie im Hochsommer in der Sauna, dein Herz rast wie beim ersten Liebesbrief und dir werden Dinge angedichtet, von denen du nicht mal im Traum wusstest, dass du sie nicht getan hast.
Der einzige Unterschied zur heißen Nacht mit einer Dramaqueen: Es gibt kein versöhnliches Happy End. Nur Papierkram, Vorwürfe und die berechtigte Frage, warum du überhaupt jemals gedacht hast, du könntest einfach nur zur Arbeit fahren.

Hey, herzlich Willkommen in Los Santos…

… die Stadt, in der solche Szenarien öfter vorkommen, als man sie sich ausdenken kann.
Laut den Ergebnissen einer unabhängigen Umfrage, bei der zufällig ausgewählte Bürger befragt wurden, durften schon viele Bürger erleben, dass eine Begegnung mit den Gesetzeshütern in Los Santos viel zu oft in so einem Szenario endet.
Wie sich rausgestellt hat, ist das Vertrauen in die Polizei hier ungefähr so groß wie das Vertrauen in einen Mediziner, der sein Medizinstudium durch Binge-Watching einer Arztserie aus den 90er Jahren absolviert hat.
Klar, die Umfrageergebnisse haben mich ehrlichgesagt nicht überrascht. Aber die Geschichten, die ihr mir dazu geliefert habt, haben selbst meinen Sarkasmus kurz stolpern lassen.

Wir arbeiten bereits daran, eine Stellungnahme zu den Ergebnissen seitens des Police Departments zu bekommen, um beide Seiten zu beleuchten.
Am Ende des Artikels findest du eine Übersicht über die Umfrage und die genauen Ergebnisse.

Man könnte davon ausgehen, dass so etwas der Einzelfall ist. Also habe ich sie gefragt:
Von der High Society bis hin zu Rentnern mit Pfefferspray-Erfahrung, dem Typen, der 47 Burger in 8 Stunden brät und die Jungs aus dem Ghetto, die genau wissen, was gleich passiert, wenn Blaulicht aufblinkt.

Hier kommen sie also: Die nackten Zahlen, die harten Wahrheiten und der freundliche Reminder, warum über 70 % der Befragten lieber ihre Mütter anrufen würden, wenn sie Hilfe benötigen, als 911. Aber keine Sorge liebe Beamte: Ihr wurdet nur ganz knapp von Mamas legendärer Krisenkompetenz geschlagen.

Mehr als 60 % berichteten, dass sie bei einem simplen “Führerschein und Fahrzeugpapiere, bitte” nicht Entspannung oder Normalität, sondern stattdessen Würgreiz, Wut und Nervosität verspüren und innerlich schon ihr Testament schreiben. Aber nicht, weil sie haufenweise Weed oder eine Leiche im Kofferraum haben. Sondern weil aus einer einfachen Verkehrskontrolle ganz schnell eine Machtdemonstration werden kann, bei der jeder, der keine Marke hat, gefi… ähm… den kürzeren zieht. Oder ist das diese berühmte Sicherheit, von der immer geredet wird?

Und falls ihr dachtet, dass das doch gar nicht so dramatisch ist: Mehr als 70  % der Befragten haben schon ein oder mehrfach erlebt, wie fair die Polizei so drauf sein kann.
“Fair” im Sinne von: “Warum wollen die mich jetzt mit ‘nem Knüppel verprügeln?”

Beim Thema Machtmissbrauch sagen über 66 %, dass sie auch schon vereinzelnt aufrichtige, korrekte Cops getroffen haben. Immerhin. Aber 29 % haben den Eindruck und zum Großteil auch selbst die Erfahrung gemacht, dass bei fast jedem Kontakt die Macht von den Beamten ausgenutzt wird. Aber wir wollen ja auch nicht alle über einen Kamm scheren, denn es gibt sie noch, die ehrliche Cops. Helden in Uniform. Die, die den Bürgern auf Augenhöhe begegnen. An dieser Stelle ein ernsthaftes: Danke an eure Aufrichtigkeit. Einige Befragten nannten zusätzlich ihre persönlichen Einschätzungen: 2 von 50, 1 von 100, oder jeder 10. sind nur ein paar der Einschätzungen, angelehnt an die eigene Erfahrung. Dabei spielt es tatsächlich keine Rolle, wie oft man wirklich auf sie trifft, denn es scheint so, dass man euch ungefähr so häufig wie einem Einhorn in der Rush Hour auf der Vespucci Bridge begegnet.

Und damit die Bürger vielleicht irgendwann mal mehr bekommen als nur Vorurteile, einen Schlag mit dem Knüppel und diesen legendären Blick à la „Ich bin das Gesetz und entscheide hier ganz allein, wie dein Tag endet“, wurde in der Umfrage natürlich auch danach gefragt, was sich die Einwohner von Los Santos eigentlich von ihren Officern wünschen:

Mehr Empathie. Mehr Kommunikation. Mehr Verständnis. Mehr Deeskalation statt Aggression und Provokation.
Die Befragten sagten fast alle, dass sie sich wünschen würden, dass die Officer nicht mit ihren Vorurteilen um sich werfen, nur weil man gerade die falsche Farbe trägt, oder im falschen Viertel wohnt. Stattdessen wünschen sich die Bürger eine Polizei, die ihnen erst mit Worten statt mit der Waffe begegnet.

Aber was ist, falls mal ein Beamter Mist baut – was passiert dann?
60 % der Leute würden die Sache lieber selbst regeln, als sich auf das System zu verlassen. Vertrauen in die Justiz? Offensichtlich nicht vorhanden, denn 0 % glauben, dass das Rechtssystem wirklich zuverlässig funktioniert. Stattdessen glauben 76 % (wie sich bei der Befragung herausstellte viel zu oft durch eigene Erfahrung), dass Verantwortliche meistens davonkommen. Die Befragten mussten bereits zu oft erleben, dass die Verantwortlichen fast nie Konsequenzen zu befürchten haben – ausser der betroffene Officer war seinem Vorgesetzten ohnehin ein Dorn im Auge. Bei der Umfrage wurde mir immer wieder berichtet, dass viele Officer ihre Kollegen decken. Der sogenannte “Blue Code of Silence“. Dazu kommt, dass viele der Befragten aufgrund eigener Erfahrungen ihren Glauben an unser Rechtssystem und die damit verbundene Gerechtigkeit verloren haben.
Also keine Sorge, liebe Officer mit nervösen Fingern — euer Fehler wird also vermutlich genau so wenig verfolgt, wie ein Donut im PD.


Aber hey, keine Panik.
Niemand träumt hier von einer Welt ohne Polizei.
Nur von einer Polizei, die zuhört, bevor die Waffe entsichert wird.
Die schützt, bevor sie schlägt.
Die Recht nicht mit “Recht haben” verwechselt, weil sie denken “Ich hab Recht, weil ich ‘ne Marke hab“. Die ihre Mitbürger auch als Mitbürger und nicht als Feinde sehen.

Vielleicht — aber nur vielleicht — sollten wir mal darüber reden, dass der wahre Respekt nicht mit Blaulicht kommt, sondern mit Menschlichkeit.
Dass Schutz nicht bedeutet, schnell zu schießen, sondern schnell zu verstehen.
Vielleicht reicht es nicht allein eine Uniform zu tragen.
Vielleicht braucht es dafür Herz.
Vielleicht braucht es Empathie.
Und vielleicht auch etwas mehr Courage von unseren Einhörnern auf der Vespucci Bridge.

Aber das ist nur so ein Gedanke aus der Mitte der Stadt, wo man lieber seine Mutter anruft als die 911.

– Eure Khady
Mic Drop

Umfrage und Übersicht der Antworten

Wurdest du oder jemand, den du kennst, schon mal unfair von der Polizei behandelt?

  • Nein: 16,7 %
  • Ja: 30,0 %
  • Leider mehrfach: 53,3 %

2. Wenn du heute Nacht die Polizei rufen müsstest – wie sicher wärst du, dass sie dir wirklich hilft?

  • 100% sicher: 6,7 %
  • 50/50: 16,7 %
  • Ich ruf lieber meine Mutter an: 76,6 %

3. Auf einer Skala von 1 bis “Ich schreib mein Testament” – wie wohl fühlst du dich bei einer Polizeikontrolle?

  • Total entspannt: 26,7 %
  • Leicht nervös: 6,7 %
  • Todesangst: 20,0 %
  • Würgereiz: 30,0 %
  • Wut: 16,6 %

4. Was war dein letzter Gedanke, als du einen Streifenwagen gesehen hast?

  • “Gut, dass sie da sind”: 0,0 %
  • “Bitte fahr vorbei”: 66,7 %
  • “Wo ist mein Anwalt?” : 33,3 %

5. Hast du jemals das Gefühl gehabt, dass die Polizei ihre Macht eher ausnutzt, als die Bürger zu schützen?

  • Nein: 4 %
  • Kommt drauf an, es gibt ehrliche Cops: 66,7 %
  • Ja, leider bei fast jedem Zusammentreffen: 29,3 %

6. Welche Grundausbildung sollte für Polizisten Pflicht sein? (Mehrfachnennungen möglich, bezogen auf alle Nennungen)

  • Empathie-Training: 29,4 %
  • Konfliktlösung ohne Waffen: 30,9 %
  • Anti-Vorurteil-Seminare: 32,4 %
  • Fahrtraining: 7,3 %

7. Was würdest du dir von der Polizei wünschen?

  • Mehr Schutz & Respekt: 16 %
  • Mehr Bildung & Reflexion: 50,7 %
  • Mehr Verantwortung übernehmen: 31 %
  • Enthaltungen: 2,3 %

8. Was würdest du tun, wenn du Opfer von Fehlverhalten durch die Polizei wirst?

  • Einen Anwalt einschalten: 40,0 %
  • Warten, ob sich die Sache von selbst beruhigt: 0,0 %
  • Selbst regeln: 60 %

9. Glaubst du, dass die Verantwortlichen bei Fehlverhalten durch das Rechtssystem zur Rechenschaft gezogen werden?

  • Ja, das Rechtssystem funktioniert: 0,0 %
  • Nein, Verantwortliche kommen davon: 76,0 %
  • Mal so, mal so: 24,0 %

Nachwort

Mit diesem Artikel mache ich auf humorvolle und satirische Weise auf Missstände und gesellschaftliche Probleme aufmerksam. Es geht nicht darum, Einzelpersonen oder ganze Behörden pauschal anzugreifen – und schon gar nicht darum, alle in einen Sack zu stecken.
Wenn Sie sich dennoch persönlich angegriffen fühlen, dann nehmen Sie sich bitte einen Moment Zeit und fragen Sie sich ehrlich: warum.

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